Linkes Postwachstum

Die jüngsten Landtagswahlen haben die strukturelle Schwäche der Linken und die oppositionelle Dynamik im rechten Parteienspektrum verdeutlicht. Der Aufstieg einer rechtsbürgerlichen und populistischen Partei vollzieht sich in Zeiten, die eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung als „gute Zeiten“ beurteilt und in denen die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit über einem Jahrzehnt angelangt ist. Da der Kapitalismus vieles kann, nur eines nicht nämlich gute Zeiten zu bewahren; stellt der Erfolg der AfD Linke für viele Fragen, vor allem aber vielleicht vor diese: Wenn eine Partei, die auf Verteidigung der erreichten Wettbewerbsvorteile und Wohlstandschauvinismus setzt bereits guten ökonomischen Bedingungen erfolgreich ist, wird sie dann unter Bedingungen beginnender Wohlstandsverluste und steigender Arbeitslosigkeit womöglich noch erfolgreicher sein? Und was hätten Linke dem entgegenzusetzen?

Ein vergleichender Blick auf die drei Landtagswahlergebnisse der Partei Die Linke zeigt, dass es notwendig und wichtig ist, über Regierungsbeteiligungen zu reden und zu verhandeln, dass es aber fatal wäre, darüber die längerfristigen und strukturellen Probleme der parteipolitischen und gesellschaftlichen Linken aus dem Handlungsfeld zu verbannen und sich mit der Phase des Postwachstums anzufreunden. Materialien zum linken Postwachstum 2014-09-28 Nachlese LTW14

 

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Angela Merkel und der Tod der demokratischen Bürgerin

Über die undemokratische Rede von den »Menschen draußen im Lande«

»Die konkrete Politik bestimmt also ein Verhalten der Unterstützung oder der Aversion der Demokratie gegenüber – danach muss sie beurteilt werden.« formulierte der italienische Autor und Philosoph Paolo Flores d’Arcais bereits 1989 in seinem Essay »Demokratie ernst genommen«. Zur konkreten Politik gehört, weil Politik in Friedenszeiten wesentlich ein Kampf um und mit Sprache ist, wie Politiker und Parteien über das Verhältnis von Politik und Demokratie sprechen. Parteien sind ein wesentliches Instrument demokratischer Willensbildung und Repräsentation. Der Niedergang der demokratischen Partizipation – nicht nur bei Wahlen – steht in einem Zusammenhang mit der Entleerung der demokratischen Idee auch durch die Parteien, die Politik usurpierten und zunehmend selbstreferentiell gestalten. Schlagend drückt sich diese schleichende Selbstermächtigung der Gewählten in der Anrede des demokratischen Souveräns, des Bürgers aus. Wurde man in den 1970er noch als „Liebe Bürgerin, lieber Bürger“ angesprochen, wenig später dann gerne als als „Mitbürger_in“, so entstand im Zuge der geistig-moralischen Wende, von Helmut Kohl lizensiert, die Rede von »den Menschen draußen im Lande«. (Ähnlich wurde in vielen Ämtern der »Bürger« zum »Kunden«.)
Diese Ansprache begann in den 1990er Jahren ihren Siegeszug durch das Phrasen-Repertoire aller Parlaments-Parteien, jüngst hat sie Angela Merkel wieder benutzt: »Die »beste Antwort«, die man den bisherigen Wählern der AfD geben könnte, sagte Merkel, sei »eine erfolgreiche Regierungsarbeit für die Menschen im Lande, …«. (FAZ 215, 16.09.2014, S. 3)
(Arbeit für die) »Menschen draußen im Lande« hält den demokratischen Souverän sprachlich auf maximale Distanz zu seinen – ja, doch: von ihm gewählten – Repräsentanten. Es spiegelt sich die die Erhebung der »Politiker hier drinnen« gegenüber dem Souverän weiot weg, draußen. Entsprechend machen die Parteien »Angebote«, statt wie es mal gedacht war, gesellschaftliche Anliegen und Interessen zu politischen Forderungen zu verdichten; wenn sie gewählt worden sind, haben sie zu »liefern«. Parteien und Politik als »Lieferservice« – diese Bilderwelt stammt, wohlgemerkt, nicht aus dem Boulevard oder dem apolitischen Ressentiment, sondern aus der Mitte des politischen Betriebs.
Es sollte nicht verwundern, wenn der Bürger und die Bürgerin sich gegen diese Zurückweisung in den Status von Kunden, die aus einem Angebot wählen und die Freihaus-Lieferung abwarten sollen, nicht mehr anders zu wehren wissen, als durch Verlassen des Spielfeldes. Die Sprache der Parteien ist hier keine demokratische mehr, sondern eher eine ökonomische, die Unterschiede zwischen Politik und Okonomie werden auch sprachlich eingeebnet. In der Ökonomie nun gilt die Nutzenmaximierung.  Warum also nicht auch an Wahlen, Parteien, Politik die Frage nach dem individuellen Nutzen als Meßlatte des eigenen Verhaltens anlegen, also am Ende nach dem Nutzen von Demokratie und politischer Freiheit fragen? Also sich selbst als das begreifen, als was man zuvor angesprochen wurde: als »Mensch« »draußen im Lande«, für den etwas getan werden müsste, der dann auch schon mal zurückfragt: Warum tut ihr da drinnen nichts für mich? Die Wandlung des Bürgers und der Bürgerin vom demokratischen Souverän zum (schutz-) bedürftigen Untertan und Bewohner eines imaginären Stimmen-Marktes ist vollzogen.
Nochmals Paolo Flores d’Arcais aus dem Jahre 1989:

»Nicht mehr Repräsentanten miteinander streitender Interessen, sondern in erster Linie Besitzer eines eigenen, für alle gleichen Interesses (die eigene Reproduktion und Ausdehnung), gleichen sich die Parteien immer mehr, nur die Konkurrenz bei der Verteilung des Kuchens kann vergiftete Töne hervorbringen. Dies Phänomen bedroht das Herz der formalen Demokratie, die Möglichkeit, zwischen wirklich kontrastierenden, wirklich alternativen Angeboten zu wählen. Immer häufiger kann sich der Bürger nur noch mit der Wahl zwischen einer Nachtmütze und einer Mütze für die Nacht die Zeit vertreiben. Kein Wunder, dass die Partei der Nichtwähler jeden Tag neue Liebhaber der Resignation rekrutiert. … Nicht zu wählen ist ein Indiz für verweigerte Demokratie.«
Da Demokratie nicht gewährt, sondern nur gelebt werden kann, verweist das Indiz auf beidseitige Verweigerung.
(Der zitierte Aufsatz ist abgedruckt in: Paolo Flores d’Arcais: Die Linke und das Individuum. Ein politisches Pamphlet, Berlin (Wagenbach) 1997 (2. Aufl. 2009)

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Die Wahl zum 6. Sächsischen Landtag am 31. August 2014

Die Landtagswahl in Sachsen versetzte die Parteienlandschaft in Bewegung. Die NPD schafft es kein drittes Mal, die FDP fliegt aus dme Landtag und die AfD zieht mit 9,7% und etwa der Stimmenzahl der Bundestags- und der Europawahl erstmals in den Landtag ein. Ansonsten bleibt alles andere bei vertrauten Kräfteverhältnissen. Der Wahlnachtbericht mit ersten Einschätzungen.

LTW14 SN Ka Wahlnachtbericht

Ein erweitertes „Update“ von und mit Benjamin Hoff findet sich auf seiner Website:

http://www.benjamin-hoff.de/article/3829.die-ergebnisse-der-landtagswahl-2014-in-sachsen-8211-wahlnachtbericht-und-update-der-ersten-analyse-von-horst-kahrs.html

 

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Projekt »Urbane Gesamtarbeiter_in«

Im Gesprächskreis „Soziale Ungleicheit und Sozialstrukturanalyse“ der Rosa-Luxemberg-Stiftung stellte Michael Vester mehrfach neuere Untersuchungen zu Verschiebungen in der beruflichen Arbeitsteilung und Prekarisierungsprozessen vor (siehe hier: www.rosalux.de/index.php?id=24236 und hier: www.rosalux.de/publication/40648/berufliche-arbeitsteilung-und-prekarisierung.html).

In Auswertung der empirisch-statistischen Daten für Berlin habe ich als work in progress ein Untersuchungsprojekt zur Neuzusammensetzung der „urbanen Gesamtarbeit“ in Berlin begonnen. Wer an Diskussion und Mitarbeit interessiert ist, könnte sich per mail wenden an kahrs@rosalux.de.

Neuzusammensetzung Arbeit Berlin

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Stillstand vor Weichenstellungen?

So gut lief es auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland schon lange nicht mehr, nimmt man die offizielle Zahl der Arbeitslosen, der Erwerbstätigen oder auch das jährliche Arbeitsvolumen zum Maßstab. Tatsächlich haben sich in den letzten Jahren die Umwälzungen in der gesellschaftlichen Gesamtarbeit etwas beruhigt, nach den großen Veränderungen vor allem zwischen 1991 und 1995 und 2000 und 2005 trat ab 2007 eine gewisse Beruhigung ein. Dies ist der Hintergrund für die relative politische Ruhe im Land der Großen Koalition, für eine vorsichtige Wende zur Re-Regulation, worauf in einem früheren Beitrag bereits hingewiesen wurde, und für eine gewisse Ratlosigkeit der Opposition. Doch mit der Ruhe könnte es bald vorbei sein. Zwei große Dynamiken könnten schon bald eine neue Runde in der Zusammensetzung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit einleiten: die digitale Transformation der Produktions- und Konsumsweise und die steigenden Erwartungen an den Bereich der „Humandienstleistungen“, der zugleich unter dem Druck der Austeritätspolitik und von Taylorisierungsvorhaben steht.

Zu bevorstehende Weichenstellungen habe ich einen Vortrag auf der Klausur des Parteivorstandes der Linken gehalten, die dort verteilte Textfassung in 24 Punkten als eine Art „work in progress“ hier 2014-07-05 Ka Weichenstellungen.

Zu den im Text angesprochenen Verschiebungen in der beruflichen Arbeitsteilung und der gesellschaftlichen Gesamtarbeit finden sich weitere Angaben hier:

http://www.rosalux.de/kapitalismusalternativen/specials/gespraechskreis-klassen-und-sozialstruktur.html

Sie werden in den kommenden Wochen fortlaufend ergänzt.

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Die Wahl zum 8. Europäischen Parlament

Vom 22. bis 25. Mai wählen die Bürgerinnen und Bürger in den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union das 8. Europäische Parlament.

Informationen für den Wahlabend finden sich

hier: 2014-05-22 EP-Wahl Vorbericht

und hier: 2014-05-22 EP Wahl Umfragen

Der Wahlnachtbericht steht dann hier:

2014_EPW_Wahlnachtbericht

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Eine Debatte im »neuen deutschland«

 

Ein Zwischenbericht  mit anschließender Einladung

Seit der vergangenen Bundestagswahl beschäftigen sich Politik und Medien immer mal wieder mit der Frage, wie der Union das Kanzleramt bei der nächsten oder übernächsten Wahl wieder abzujagen sei. Die Ausgangsbedingungen haben sich fundamental verändert:

  • auf dem politisch-medialen Handlungsfeld haben sich nach der anhaltenden rotgrün Schwäche ernsthafte schwarz-grün Optionen aufgetan: maßgebliche Kräfte der Grünen können sich grundsätzlich eine Koalition mit einer modernisierten Union vorstellen, und ausgerechnet der ehemals konservativste Landesverband der Union, der hessische, praktiziert den Handschlag;
  • im gesellschaftlichen Handlungsfeld müssen die drei Parteien links von der Union ihr historisch schwächstes Gesamtergebnis verarbeiten;
  • die außerparlamentarische Opposition ist so stark wie lange keine mehr, sie ist jung, aber pateipolitisch eher rechts als links einsortiert (siehe hier: http://www.rosalux.de/publication/40316/ausgewaehlte-ergebnisse-der-repraesentativen-wahlstatistik-zur-bundestagswahl-2013.htm);
  • die Partei DIE LINKE, ohne die eine Sozialdemokratin oder ein Sozialdemokrat im Kanzleramt derzeit nicht vorstellbar ist (es sei, eine sozialliberale Partei entstiege dem Scherbenhaufen, zu dem die FDP den politische Liberalismus in Deutschland zerschlagen hat, und es entstünde die Option auf eine »Ampelkoalition«), stellt sich endlich auf den unter den veränderten Bedingungen anstehenden Erneuerungsprozess ein und fragt, welche Partei sie sein will, z.B. hier: http://www.prager-fruehling-magazin.de/de/topic/6.redaktionsblog.html

In diesem Zusammenhang ist auf zwei neue Buchpublikationen hinzuweisen:

Gerade erschienen ist von Benjamin-Immanuel Hoff die Flugschrift „die linke: partei neuen typs?“ (VSA-Verlag – http://www.vsa-verlag.de/nc/buecher/detail/artikel/die-linke-partei-neuen-typs/) Hoff klopft zunächst das Parteientwicklungspapier von Katja Kipping und Bernd Riexinger auf seine analytische Stringenz ab: Welche Typen von Partei befinden sich in der Debatte, welche Geschichte haben diese Begriff? Was haben die Debatten um die Parteiform mit den Veränderungen von Milieus in der Gesellschaft zu tun, wo kann an linkes Parteiprojekt anknüpfen? Zu diesem Zweck werden die unterschiedlichen theoretischen Ansätze hinter den verschiedenen Milieu-Bildungen behandelt. Schließlich gelingt es Hoff, mit diesen Instrumenten einen neuen politischen und gesellschaftlichen Raum zu konstruieren, in dem die Partei mit ihren unterschiedlichen Strömungen und Zusammenschlüssen auf je spezifische Weise verankert ist, der nicht durch ein einfaches links-rechts-Schema oder durch die Fundi-Realo-Brille strukturiert ist. Auch wer Hoff’s politische Schlussfolgerungen nicht teilt: Auf den gut 140 Seiten wird eine Einführung in die Begrifflichkeiten, die durch die Parteientwicklungsdebatte geistern, gegeben, die das Büchlein zu einem „Muß“ für die linke politische Bildungsarbeit machen.

Ein paar Wochen früher erschien in der „Flugschrift“-Reihe des Verlags von Tom Strohschneider „linke mehrheit? über rot-rot-grüne, politische bündnisse und hegemonie“ (http://www.vsa-verlag.de/nc/buecher/detail/artikel/linke-mehrheiten/). Der heutige Chefredakteur des »neuen deutschland« und ehemalige (mit-)Betreiber des verflossenen Blogs „Lafontaines Linke“ zeichnet die Geschichte der erfolglosen Annäherungsversuche der Linken in SPD, PDS/LINKE und Grünen nach. Auf den Fluren des Gebäudes Franz-Mehring-Platz 1 in Friedrichshain (FMP1) entstand die Idee, über Geschichte und Aussichten von »R2G« ein öffentliches »Kamingespräch«, einen Gedankenaustausch zu führen (9. April 2014 – http://www.rosalux.de/event/50591/ist-rot-rot-gruen-schon-am-ende-ueber-kleine-chancen-und-dauerhafte-grenzen-im-linken-lager.html).

Für dieses Gespräch verfasste Horst Kahrs, also ich :-), anschließend an meine drei hier unter „Große Fragen links der Mitte“  zusammengestellten Texte von Ende 2013, einen Beitrag für die sozialistische Tageszeitung »neues deutschland« (http://www.neues-deutschland.de/artikel/929264.bisher-nur-eine-spielmarke.html), in dem ich vor allem zwei Thesen vertrete:

  • die politische Schwäche von Linkspartei, SPD und Grünen geht auf eine Missachtung fundamentaler Veränderungen in der gesellschaftlichen (beruflichen) Arbeitsteilung zurück, die neue soziale Gruppen, Einstellungen und Sichtweisen auf Arbeit und Gesellschaft hervorgebracht haben (hierzu arbeitet der Gesprächskreis »Sozialstrukturanalyse und Soziale Ungleichheit« der RLS maßgeblich auf der Basis neuer empirischer Daten von Michael Vester und Sonja Weber-Menges), an die die drei Parteien (aber nicht nur sie) den Anschluss verloren bzw. nicht gesucht haben;
  • in der politischen Arena ist nicht davon auszugehen, dass es angesichts dieser Schwäche einen Richtungswahlkampf »Rot-Rot-Grün« gegen »Schwarz+« geben wird. Vielmehr werden sich die Grünen, als Partei in Schichten aus der oberen Einkommenshälfte der Gesellschaft verwurzelt, mehrere Optionen bis nach der Wahl offenhalten, ebenso die SPD. Erst eine gesellschaftliche Debatte über politische Projekte, die nur mit SPD und Linkspartei durchzusetzen wären, könnte der Ausgangspunkt für anschließende politische »Angebote« an die Grünen sein.

Auf diesen Beitrag reagierte Horst Arenz (nd 27.4.2014) und wies daraufhin, wie notwendig und wünschenswert es sei, die Veränderungen in der Berufs- und Sozialstruktur mit Analysen des Alltagsbewusstseins zu verbinden, um festeren Grund bei der Suche nach erfolgreichen linken Parteistrategien zu bekommen (http://www.neues-deutschland.de/artikel/931195.am-alltagsbewusstsein-anknuepfen.html).

Michael Brie und Dieter Klein (nd 5.5.2014) stellten in ihrer Antwort heraus, dass eine politische Zusammenarbeit der drei Parteien nur dann ein politischer Fortschritt sein, wenn sie einen grundlegenden gesellschaftspolitischen Richtungswechsel ausdrücke und auf einem »sozialökologischen Gesellschaftsvertrag« basiere (http://www.neues-deutschland.de/artikel/931823.die-linken-und-das-staerkste-fernrohr.html).

Ebenfalls am 5. Mai erschien ein Beitrag von Benjamin-Immanuel Hoff auf der Basis seines oben empfohlenen Buches (http://www.neues-deutschland.de/artikel/931939.grosse-aufgabe-schmales-zeitfenster.html).

Auf Brie/Klein antwortete ich mit dem Versuch, die unterschiedlichen Fragestellungen, die es offenbar in der Debatte gibt, herauszuarbeiten sowie mit dem Verweis, dass es wie beim Mindestlohn politische Einzelforderungen mit einer gesellschaftspolitischen Hebelwirkung gäbe, die mehr Wirkung entfalten könnten als alle Versuche, eine rot-rot-grüne Richtungsalternative auszuarbeiten (http://www.neues-deutschland.de/artikel/932054.eine-frage-von-hebeln-und-traegern.html).

Mittlerweile gibt es einen weiteren Beitrag von Heinz Niemann (nd, 9.5.2014), der die Debatte für das politische Handlungsfeld der Parteien weiterführt (http://www.neues-deutschland.de/artikel/932408.parteiegoistisches-handeln-ist-gefragt.html).

Ein erstes Ziel könnte mit diesen Beiträgen schon erreicht sein: Das »neue deutschland« als Ort der argumentativen Auseinandersetzung über die Probleme linker Politik, (früher hätte man gesagt: … des Klassenkampfes) zu nutzen, Frage- und Problemstellungen zu entwickeln, zu verbreitern und zur Beteiligung einzuladen.

Wir mittun will, kann sich direkt an Tom Strohschneider beim »neuen deutschland« wenden.

Wer insbesondere etwas beitragen oder fragen möchte zu Veränderungen in der Berufs- und Sozialstruktur, in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und dem Zusammenhang zum »Alltagsbewusstsein« und seinen verschiedenen Ausprägungen, kann sich gerne auch an mich wenden: kahrs@rosalux.de

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Bundestagswahl 2013: Ausgewählte Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik

In der Zusammenstellung werden aufbereitete Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik zu drei Themenkomplexen zusammengetragen:

  • Wahlbeteiligung
  • Wahlergebnis der Partei DIE LINKE
  • Politische Lager und außerparlamentarische Stimmen mit besonderem Blick auf Piratenpartei und »Alternative für Deutschland«

Die weitergehende Analyse und Kommentierung der Befunde erfolgt zurückhaltend und soll weiteren Diskussionen vorbehalten bleiben.

Zur pdf-Datei geht es hier: 2014-03-12 ReprWahlstatistik

(eine Teilauswertung für die AfD hier: 2014-01-16 Ka BTW13 AfD-Wähler)

In die Auswahl und Interpretation der Daten sind einige Hypothesen eingeflossen, die hier kurz genannt seien:

1. Der Rückgang der Wahlbeteiligung hat neben der sozialen Seite (Stichworte:  »sozial gespaltene Demokratie«, Armin Schäfer, MPIfG Köln), auf die in diesem Text nicht weiter eingegangen wird (siehe dazu hier den Beitrag Abschied aus der Demokratie“), eine „demografische“ Schieflage: Er ist bei jüngeren Wahlberechtigten weitaus stärker als bei älteren. Da die älteren Wählergruppen absolut größeres Gewicht für Erfolg und Misserfolg haben, „drohen“ Sichtweisen, Einstellungen, Sprechweisen und Werte der jüngeren Generation an den Rand gedrängt zu werden, worauf diese mit weiterer Entfremdung gegenüber dem professionellen Politikbetrieb reagieren (können) – oder eben mit der Wahl neuer Parteien. Die Piratenpartei ist eine solche Partei, die bei unter 35jährigen hohe Zustimmung erhält, insgesamt aber als wieder marginalisierte Kraft erscheint.

2. Die Parteien des »linken Lagers« – aus Sicht der Wahlbevölkerung macht es noch Sinn, davon zu sprechen – haben eine historische Niederlage erlitten. Sozialökologische Transformationsprozesse, die mehr sein wollen als Anpassungsprozesse an veränderte ökonomische Verwertungsbedingungen bzw. als eine Reformulierung von globalisierten Verwertungsstrategien, die also emanzipatorische Potentiale neuer Technologien freilegen wollen, sind ins Hintertreffen geraten. Strukturell mehrheitsfähig erscheint ein »linkes Lager« in Konfrontation mit einem »bürgerlichen Lager« nur dann wieder, wenn die Grünen nicht das Lager wechseln und gleichzeitig die Erwartungen und Einstellungen der jungen Piratenpartei-Wähler_innen positiv verarbeitet werden. Gelingt dies nicht, droht dem »linken Lager« eine schleichende thematische und personelle »Ver-Alterung«.

3. Wie bei keiner anderen Wahl blieben 2013 gültige Stimmen außerparlamentarisch. Im Kern handelt es sich dabei um Stimmen aus verschiedenen liberalen und libertären Strömungen in der bundesdeutschen Gesellschaft, die teilweise ein Bündnis mit rechtspopulistischen und rechtsradikalen Einstellungen (und Parteiungen) eingegangen sind bzw. zugelassen haben. Diese Stimmen sind zukünftig umkämpfte Stimmen, denn: Diese Wähler_innen wollen partizipieren wollen, sie werden entweder bei entsprechenden Anpassungsleistungen von den vier etablierten Parteien angezogen oder aber sie münden in der Etablierung einer neuen bzw. alten Partei. Mehrheitlich handelt es sich dabei im Stimmen, die ihr Interesse an Themen bekundet haben, die auf politischen Themenskala eher rechts als links angesiedelt sind. Die außerparlamentarische Opposition ist bis auf weiteres eher rechts.

4. Den augenscheinlichen Erosionsprozessen der etablierten Parteiendemokratie ist durch mehr Dialog und Partizipation, weniger Sperrklauseln und mehr direkte Demokratie usw. nicht beizukommen. Denn es handelt sich um eine tiefergehende Entfremdung zwischen professionalisierter Politik und lebensweltlichem Alltag, Alltagsbewusstsein, die bereits die Ebene der Sprache, der über Sprache vermittelten Weltsichten und Einstellungen erreicht hat. Neben der Klassenspaltung in der demokratichen Beteiligung, die bereits wieder Vorstellungen der Durchsetzung elitärer Interessen über direktdemokratische Formen nährt, handelt es sich um eine durch die mediale Aufmerksamkeitsökonomie und die digitalen Technologien vertiefte Krise des Politischen und des Demokratischen.

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Die Großen Fragen links der Mitte

Das Votum der Wähler_innen vom September 2013 hat die Verhältnisse zwischen den etablierten Parteien im Bundestag dramatisch verändert.
Die Union scheint auf unabsehbare Zeit bundespolitisch die stärkste Kraft zu sein, die mit fast allen Parteien Koalitionen bilden kann, um das Kanzleramt besetzt zu halten. Da sowohl Koalitionen zwischen Grünen und Union als auch zwischen SPD und Union am Horizont der realen Möglichkeiten erscheinen, ist eine rotrotgrüne Lagerbildung gegen die Union politisch unwahrscheinlicher geworden, wenn auch womöglich die einzige Option der Sozialdemokratie, der Union das Kanzleramt abspenstig zu machen.
Für die Partei Die Linke bedeutet die politische Entwicklug nach dem Wahltag: Sie verliert als mittlerweile etablierte Partei nicht nur ihre Rolle als Addresse politisch ungerichteten Protestwählens, sondern potentiell auch ihre Funktion als Korrektiv zur „mittigen SPD“. Als einzige Partei kann sie keine andere Bündnisoption als Rot-Rot-Grün vertreten, während SPD und Grüne mindestens eine zusätzliche Option haben. Die Linke geht somit nicht nur zahlenmäßig, sondern auch politisch geschwächt aus der Bundestagswahl hervor.
Zukünftig kommt es weniger auf die Funktion der Partei Die Linke im Verhältnis zu anderen Parteien an, sondern mehr auf die inhaltliche Substanz und die interessenpolitischen Angebote der Partei. Gleichzeitig liegt es zu einem großen Teil an ihr, ob sich ein „linkes Lager“ gegen die Union rekonstruieren kann. Voraussetzung dafür scheint mir zu sein, dass die Partei ein paar klassische sozialistische bzw. linkssozialdemokratische „Fragen“ als gesellschaftspolitische Richtungsentscheidungen aktualisiert.
Damit beschäftigen sich vier kleine Essays,
für die Zeitschrift „LuXemburg“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung, verfasst im Oktober 2013
für die Zeitschrift „Berliner Republik“ verfasst im November 2013
und für die Zeitschrift „ak – analyse & kritik“, verfasst um Januar 2014
und dann kam noch eine Beitrag in der Partei-Debatte im „Prager Frühling“ hinzu:
„Linke Parteien leben nicht vom Protest allein“:
http://www.prager-fruehling-magazin.de/de/article/1132.linke-parteien-leben-nicht-vom-protest.html
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Suchbewegungen im offenen Gelände ohne Abenteuerlust

Vier Wochen nach der Bundestagswahl hat sich der Deutsche Bundestag konstituiert. Im Vorgriff auf die kommende Regierungskonstellation wurden ein paar Posten mehr im Präsidium geschaffen, um der sozialdemokratischen Partei den Anschein von Augenhöhe zu ermöglichen, obwohl dafür fünfzehn Prozentpunkte fehlen. Anschließend durften die frischgewählten Volksvertreter wieder nach Hause, wo sie auf Abruf den weißen Rauch der Regierungsbildung erwarten sollen. Denn, und das ist neu: Ohne Koalition und Regierung kein Parlament. Die offenkundige Verkehrung von Souverän und Geschäftsführung – ein Vorzeichen für den kommenden Umgang der Regierung mit dem Parlament?

Derweil kommt die Debatte über die Bedeutung des Wahlergebnisses in der Linken nur schleppend voran. Vielerorts Achselzucken. In der Linkspartei herrscht das Gefühl vor, mit einem blauen Auge, gleichwohl ordentlich erfolgreich davon gekommen zu sein: Seit Sommer 2012 habe die neue Parteiführung die Partei aus dem selbstverschuldeten Umfragetief geführt, der Weg sei offenkundig erfolgreich, also weiter so in die nächsten Wahlkämpfe. Die neue Bundestagsfraktion hat mit der Zusammensetzung des neuen Fraktionsvorstandes – es fällt schwer, bei einem personellen „Gesamtpaket“ den Begriff Wahl in seiner über Legitmationsbeschaffung hinausweisenden Bedeutung zu verwenden – dokumentiert, diesen Zustand bestens verwalten zu wollen. Und hier und da beginnt eifriges Gerede, das „2017“ alles anders und damit „jetzt“ begonnen werden müsse. 2017 jährt sich zum 100. Mal der „Rote Oktober“, die russische Revolution.

Das Wahlergebnis liefert indes viele Hinweise, dass in der bundesdeutschen Gesellschaft größere Wählergruppen auf der Suche sind, dabei aber Abenteuer scheuen. Die summierten Veränderungen in den Stimmenanteilen waren noch nie seit den Anfängen der Bundesrepublik so groß wie 2013. Ebenfalls neu: Fest ein Sechstel der gültigen Stimmen sowie insgesamt 40% der Wahlberechtigten sind nicht im Parlament vertreten. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament, gar die zwischen einer kommenden Regierung und der kommenden Opposition, spiegeln die politischen Verhältnisse in der Gesellschaft nicht wieder. Oder gerade doch, weil da jetzt zwei Parteien regieren, die in den großen Fragen der europäischen Krise in die gleiche Richtung marschieren? Oder ist die Repräsentationslücke der Ausgangspunkt für eine neue außerparlamentarische Opposition oder gar für „politische Schwarzmarktphantasien“ (Oskar Negt)?

Und was hieße denn das für „2017“? Was lehrt das Wahlergebnis die Linken? Welche Signale der Öffnung gegenüber neuen gesellschaftlichen Suchbewegungen und Anliegen werden ausgesandt? Und was bedeutet eigentlich der Pokal „Oppositionsführerschaft“ für Die Linke, da ihm ja die nötige Würze starker Opposition, die personelle und machtpolitische Alternative zur Regierung aufbauen zu können, erkennbar genommen wurde?

Ein paar Gedanken und Zahlen zur weiteren Diskussion aus den ersten Oktoberwochen hier:

2013-10-11 Ka BTW13 Deutungen

Eine Bewertung des Wählervotums auf der Hautversammlung des Bezirksverbandes Berlin-Pankow der Partei DIE LINKE am 2.11.2013 hier:

2013-11-02 Ka Pankow

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Nationalisierter Arbeitsmarkt und polnische Arbeitsmigration nach Deutschland

Zur Geschichte der polnischen Arbeitsmigration nach Deutschland 1918 bis 1938.
m deutschen Kaiserreich waren polnische Arbeitsmigranten begehrte Arbeitskräfte in den Kohlegruben des Ruhrgebietes und auf den Feldern Ost- und Mitteldeutschlands. Mit der Neugründung des polnischen Staates nach dem Ersten Weltkrieg verschlechterte sich der Zugriff der deutschen Arbeitsverwaltung auf polnische Arbeitskräfte, Arbeitsmigration wurde zum Gegenstand zwischenstaatlicher Verhandlungen einerseits und illegaler, von deutscher Seite staatlich erwünschter Anwerbung und Schleusung andererseits, die Arbeitsmigranten zum Faustpfand nicht nur staatlicher Arbeitsmarktpolitik.

1993 Ka Polnische Arbeitsmigration Anmerkungen

1993 Ka Polnische Arbeitsmigration1

1993 Ka Polnische Arbeitsmigration2

1993 Ka Polnische Arbeitsmigration3

1993 Ka Polnische Arbeitsmigration4I

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Die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag – Der Wahlnachtbericht

Die Datei: BTW13 Ka Wahlnachbericht

Inhaltsverzeichnis

1. Das Ergebnis im Überblick 2
1.1. Wahlbeteiligung 2
1.2. Verteilung der gültigen Stimmen und Veränderung zur Vorwahl 2
1.3. Verteilung der Mandate und Veränderung zur Vorwahl 2
2. Eine erste Bewertung in der Wahlnacht 3
3. Das Wahlergebnis in ausgewählten Aspekten 7
3.1. Wählermobilisierung und Wahlbeteiligung 7
3.4. Wahlergebnis im einzelnen 8
3.4.1. DIE LINKE 8
4. Auskünfte der Vorwahl- und Wahltagsbefragungen 11
4.1. Die „Sonntagsfrage“ im Wahlkampfverlauf 11
4.2. Wählerwanderungen 13
4.3. Einschätzungen zu Regierung, Parteien, Kandidaten 13
4.4. Wahlverhalten nach ausgewählten Sozialstruktur-Merkmalen 14
4.5. Die Grundstimmung im Land 15
Die Bürgerinnen und Bürger haben den Deutschen Bundestag neu und überraschend zusammengesetzt. Die etablierte Parteienlandschaft ist kräftig durcheinander gebracht. Frau Merkel kann Kanzlerin bleiben. Ihr Regierungspartner, die FDP ist abgewählt. Die SPD scheitert mit dem Versuch, mit der Rotgrün-Strategie der beiden vergangenen Dekaden das Kanzleramt zu erobern. Die Linke wurde zur drittstärksten Kraft, die Grünen bleiben deutlich unter ihrem Umfragehoch von 2011/2012. Mit der »Alternative für Deutschland« AfD klopfte eine neue Protestpartei an die Tür des Bundestages. Die politischen Lager sind durch das Wahlergebnis vor neue politische Herausforderungen gestellt… Weiter in der Datei

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